Arzt-Patienten-Seminar
10 Jahre SHG Hohenlohe vom 23.07.2005

Sellink - Kapsel - Doppelballonenteroskopie

Dr. med. Thomas Pauli


Wertigkeit in der Diagnostik bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa können den Dünndarm mitbefallen. Bei der Colitis ulcerosa ist aber allenfalls das terminale Ileum mitbetroffen, im Sinne einer sog. Back wash Ileitis. Diese Back wash Ileits stellt keine Indikation für eine der o.g. diagnostischen Maßnahmen dar. Diese Back wash Ileitis ist bei der Coloskopie durch die Intubation des terminalen Ileums zu diagnostizieren. Die zur Diskussion stehenden diagnostischen Maßnahmen des Dünndarmes sind ausschließlich für die Diagnostik des Morbus Crohn und weiterer nicht zur CED gehörenden Erkrankungen einzusetzen.

Sellink:

Unter einer radiologischen Untersuchung nach Sellink versteht man eine kontinuierliche Applikation von Röntgenkontrastmittel durch eine Sonde, die entweder über die Nase oder über den Mund bis an die Grenze des Zwölffingerdarmes zum Dünndarm vorgeschoben wird. Möglich ist diese Sellink Methode konventionell durchführbar an einem der herkömmlichen Durchleuchtungsgeräte, während einer CT Untersuchung oder neuerdings auch während einer MRT Untersuchung.
Der konventionelle Sellink mit einem der herkömmlichen Durchleuchtungsgeräte findet im Augenblick v.a.Anwendung in der initialen Diagnostik bei Morbus Crohn im Sinne eines Staging.Nachteil der Methode ist die Strahlenbelastung, die unangenehme Applikation der Sonde und dass die Darmwand und extraluminale Strukturen nicht erkennbar sind.

Ähnlich der konventionellen Sellink-Methode kann kontinuierlich Kontrastmittel über eine Sonde während einer computertomographischen Untersuchung appliziert werden. Die CT Untersuchung erfordert dann eine ausgesprochen dünne Schichtdicke von einem bis max. 3mm. Damit können vorteilshafterweise nach Injektion eines intravenösen Kontrastmittels die Darmwände und insbesondere extraluminale Anteile wie Abszesse, Fisteln etc. dargestellt werden. Intiale Crohnveränderungen und kleinere Schleimhautveränderungen sind nicht beurteilbar.
Der größte Nachteil stellt die sehr große Strahlenbelastung durch die kleine Schichtdicke im CT dar und die lang andauernde Blockierung des Gerätes während der Diagnostik.

Der MRT Sellink stellt schließlich die Weiterentwicklung des konventionellen Sellink mit der Methode des MRT dar. Ohne Strahlenbelastung können nach kontinuierlicher Kontrastmittelapplikation über die Sonde oder deutlich schlechter geeignet, als Getränk angewand, die gesamten Dünndarmabschnitte dargestellt werden. Nach Injektion eines Kontrastmittels intravenös lassen sich entzündliche von narbigen Veränderungen durch Ansammlung des Kontrastmittels unterscheiden.
Ebenso sind extraluminale Strukturen wie Abszesse und Fisteln gut darstellbar. Die Domäne MRT-Sellink sind perianale Fistelungen.
Nachteil der Methode ist der ausgesprochen hohe Zeitaufwand während dem das Gerät durch eine einzelne Untersuchung blockiert ist, sodass diese Untersuchung in der Regel nur in Kliniken und bei wissenschaftlichen Untersuchungen angewand wird.

Seit einigen Jahren ist die Kapselendoskopie des Dünndarmes verfügbar. Bei dieser Untersuchung wird durch die eigene Peristaltik des Darmes eine Kapsel transportiert, die während ihrer Dünndarmpassage zicktausend per Funk an einen Rekorder gesandte Bilder aufnimmt. Mit dieser Kapsel können kleinste Läsionen der Darmschleimhaut aufgefunden werden. Zum augenblicklichen Zeitpunkt liegen noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten vor, in wie weit für den Patienten bedeutende Frühformen eines Morbus Crohn mit isoliertem Dünndarmbefall durch die Kapsel entdeckt werden können bzw. sich daraus eine Therapieindikation ableitet. Problem der Kapsel ist der hohe Kostenfaktor, der augenblicklich nur bei bestimmten Indikationen von bestimmten Privatkrankenkassen übernommen wird und die Gefahr eines Steckenbleibens der Kapsel bei Patienten mit Stenosen oder Strikturen im Rahmen des Morbus Crohn mit drohendem Darmverschluß.

Seit kurzem steht mit der sog. Doppelballonenteroskopie eine klassische endoskopische Diagnostik des Dünndarmes zur Verfügung. Mit dieser Methode kann entweder vom Mund ausgehend oder vom After ausgehend unter Umständen der gesamte Dünndarm eingesehen werden. Die Bildqualität mit Luftinsuflation entspricht der Bildqualität einer normalen konventionellen Endoskopie des Magens bzw. des Dickdarmes. Auch sind entgegen der Videokapselendoskopie therapeutische Interventionen wie Polypabtragung, Gewebeprobenentnahmen etc. möglich. Diese Diagnostik wird derzeit insbesondere zur Diagnostik von Dünndarmblutungen, sog. mittleren gastrointestinalen Blutungen eingesetzt, in der Regel in großen Zentren nur wenn vorher eine Kapselendoskopie einen pathologischen Befund erhoben hat. Wissenschaftliche Untersuchungen über den praxisrelevanten Einsatz der Doppelballonenteroskopie bei Morbus Crohn sind derzeit nicht veröffentlicht. Strikturen und Verwachsungen nach Operationen bzw. nach transmuraler Entzündung können die Passage des Dünndarmes im Rahmen einer Doppelballonenteroskopie behindern, sodass zu erwarten ist, dass bei Morbus Crohn Patienten nicht unbedingt der gesamte Dünndarm inspiziert werden kann.

Fazit: In der Routinediagnostik des Morbus Crohn, vorallem in der Erstdiagnostik hat sich der Röntgensellink, konventionell durchgeführt, sicher etabliert. Insbesondere bei der Beurteilung von extraluminalen Veränderungen wie Abszessen, Fisteln etc. vorallem auch perianal stellt der MRT-Sellink eine interessante Alternative dar. Der Stellenwert der Kapselendoskopie und der Doppelballonenteroskopie ist derzeit in der Diagnostik des Morbus Crohn noch nicht abschließend beurteilt.

Seite 7    nach oben    Aktuelles >>